Neue Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe
Deutlich höhere Grenzwerte: Neue Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe
Seit Sommer 2020 gelten teilweise deutlich höhere Grenzwerte für Vitamine und Mineralstoffe. Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, hat das BLV (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen) ein neues Höchstmengenmodell eingeführt. So ist z.B. die zulässige Menge Vitamin D immerhin um den Faktor 3.5 erhöht worden und bei vielen B-Vitaminen gilt überhaupt keine Obergrenze mehr. Früher richteten sich die zulässigen Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Lebensmitteln nach dem jeweiligem Tagesbedarf. Neu wird nun ein Höchstmengenmodell eingesetzt, welches sich am Gesundheitsschutz orientiert. Dieses arbeitet mit dem sogenannten «tolerable upper intake level», zu deutsch etwa “tolerierbare obere Einnahmemenge”. Dies ist die maximale tägliche Gesamtzufuhr eines Nährstoffes, welche langfristig bedenkenlos eingenommen werden kann. Dem gegenüber steht die Menge des gleichen Nährstoffes, welche man über die normale tägliche Ernährung zu sich nimmt. Dies ist die Basisaufnahme (BA). Der Aufschlag oder die Differenz zwischen dem höheren “tolerable upper intake level” (UL) und der tieferen BA ist nun jene Menge, welche man durch ein Nahrungsergänzungsmittel abdecken kann.
Die Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente wurden nun in vier Gruppen eingeteilt:
- Gruppe 1: unkritische Stoffe ohne Höchstwert.
- Gruppe 2: Stoffe mit grossem Abstand zwischen UL und BA. Das Risiko, das UL zu überschreiten, ist klein.
- Gruppe 3: Stoffe mit kleinem Abstand zwischen UL und BA. Das Risiko, das UL zu überschreiten, ist gross.
- Gruppe 4: Stoffe bei denen bereits ab tiefen Dosierungen Nebenwirkungen / Interaktionen auftreten können (Warnhinweis notwendig).
Gesundheitsschutz statt Tagesbedarf
Der Vorteil des neuen Höchstmengenmodells ist, dass es sich am Gesundheitsschutz orientiert (statt am Tagesbedarf). Somit wird die Gesundheit der Konsument*innen geschützt (durch den Höchstwert), der Markt wird jedoch nicht unnötig eingeschränkt (kein Höchstwert, wo es nicht erforderlich ist). Ein Nachteil ist, dass mit dem neuen Modell keine eigenen Höchstwerte mehr für Menschen festgelegt werden können, die einen höheren Bedarf haben, wie z.B. Schwangere, Stillende, ältere Personen oder Kinder und Jugendliche.
Stoffe ohne Höchstmenge
Zu den unkritischen Stoffen, für die neu keine Höchstmenge mehr festgelegt wird, zählen die folgenden Nährstoffe: Die Vitamine B1, B2 und B12, Biotin (auch Vitamin B7), Pantothensäure (auch Vitamin B5) sowie Silicium. Bei diesen Nährstoffen konnten auch bei sehr hoher Aufnahme über längere Zeit keine unerwünschten Wirkungen beobachtet werden. Hingegen werden für Niacin (auch Vitamin B3), Vitamin B6 und Folsäure (auch Vitamin B9) weiterhin Obergrenzen festgelegt.
Bei den B-Vitaminen handelt es sich um acht wasserlösliche Vitamine, welche alle als Vorstufen für Koenzyme dienen. Bei wasserlöslichen Vitaminen ist die Gefahr einer Hypervitaminose (Überdosierung) grundsätzlich kleiner, da überschüssige Vitamine leichter mit dem Harn ausgeschieden werden können. Dies ist der Grund, weshalb bei den meisten B-Vitaminen keine Höchstmenge mehr angegeben wird. Bei den acht B-Vitaminen handelt es sich jedoch um völlig verschiedene Substanzen, die keine einheitliche Klasse darstellen. Auch die Nummerierung ist nicht durchgehend, da bei einigen der ursprünglich als Vitamine bezeichneten Substanzen der Vitamincharakter nicht bestätigt werden konnte. Vitamine der B-Gruppe kommen in tierischen und pflanzlichen Lebensmitteln vor (z.B. Fisch, Leberprodukte, Milchprodukte, gewisse Gemüse). Einzig Vitamin B12 ist kaum in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten, kann dafür aber, im Gegensatz zu den anderen wasserlöslichen Vitaminen, für längere Zeit im Körper gespeichert werden. Für die folgenden 5 B-Vitamine wurde die Obergrenze aufgehoben und es wird keine Höchstmenge mehr festgelegt.
Vitamin B1 (Thiamin)
Vitamin B1 ist unter anderem an der Verwertung von Kohlenhydraten zur Energiegewinnung beteiligt und damit besonders für Gehirn und Herz wichtig, weil diese viel Energie benötigen. Auch für die Funktion des Nervensystems benötigt es Vitamin B1; es spielt bei der Erregungsübertragung zwischen Nerven und Muskulatur eine Rolle. Zudem beeinflusst es die Regeneration des Nervensystems nach Erkrankungen.
Vitamin B2 (Riboflavin)
Vitamin B2 wird für zahlreiche Stoffwechselvorgänge benötigt; es unterstützt den Körper dabei, Eiweisse, Fette und Kohlenhydrate zur Energiegewinnung zu nutzen. Auch unterstützt Vitamin B2 die Vitamine B6 und B3 (Niacin) bei ihren Aufgaben. Bei Migräne kann Vitamin B2 einen positiven Einfluss haben.
Vitamin B12 (Cobalamin)
Vitamin B12 beeinflusst eine Vielzahl wichtiger Prozesse im menschlichen Körper. Zu den wichtigsten zählen die Zellteilung und die Zelldifferenzierung, z.B. bei der Bildung und Reifung der roten Blutkörperchen. Ein Vitamin-B12-Mangel kann deshalb zu einer Blutarmut (Vitamin-B12-Mangel-Anämie) führen. Auch für den Aufbau der Nervenzellen im Rückenmark wird Vitamin B12 benötigt, zudem hat es einen Einfluss auf viele Reaktionen im Eiweiss- und Nukleinsäure-Stoffwechsel. Bei ausgewogener und abwechslungsreicher Ernährung sollte es möglich sein, den Vitamin B12-Bedarf über die Ernährung zu decken. Für Menschen, die auf tierische Lebensmittel verzichten, wird jedoch eine zusätzliche Zufuhr von Vitamin B12 empfohlen.
Biotin (Vitamin B7)
Biotin sorgt für gesunde Haare, Haut und Nägel. Es unterstützt einen gesunden Stoffwechsel von Fettsäuren und Aminosäuren und die Schilddrüsenfunktion. Es hilft dabei, ein gesundes Herz- Kreislaufsystem zu erhalten und schützt die Gehirnfunktion. Zudem ist es wichtig, um Gewebe, insbesondere Nervengewebe und Muskeln aufzubauen und zu reparieren.
Pantothensäure (Vitamin B5)
Pantothensäure ist an vielen verschiedenen lebenserhaltenden chemischen Reaktionen im Körper beteiligt; so spielt es eine entscheidende Rolle im Kohlenhydrat-, Fett- und Proteinstoffwechsel. Pantothensäure ist ein Bestandteil des Coenzym A und hilft, die Nahrung in für den Körper verwertbare Energie umzusetzen.
Nährstoffe mit höheren Höchstmengen
Bei anderen Nährstoffen wurden die Tages-Höchstmengen zwar nicht aufgehoben, aber erhöht und dies zum Teil sogar erheblich. Darunter fallen z.B. Eisen (21 mg statt 14 mg), Vitamin C (750 mg statt 300 mg), Vitamin D (70 μg / 2800 IE statt 20 μg / 800 IE) und Vitamin E (205 mg statt 36 mg). Auch diese Stoffe besprechen wir im Folgenden ganz kurz.
Eisen
Das Spurenelement Eisen ist für den menschlichen Körper lebenswichtig und ein Mangel hat viele negative Auswirkungen. Wir benötigen Eisen, um den Sauerstoff zu transportieren und zu speichern. Eisen bindet Sauerstoff und ist im Eiweiss Hämoglobin (Hb), dem wichtigsten Bestandteil der Erythrozyten (den roten Blutkörperchen) enthalten. Auf diese Weise wird der Sauerstoff mit den Erythrozyten von der Lunge zu den Körperzellen transportiert. Nur wenn genügend Eisen zur Verfügung steht, wird unser Organismus optimal mit Sauerstoff versorgt und Eisen trägt wiederum zur normalen Bildung von Erythrozyten und Hämoglobin bei. Von einem Eisenmangel sind vor allem Frauen betroffen, denn durch den monatlichen Blutverlust, ist die Gefahr eines Mangels deutlich höher. Auch Vegetarier und Veganer können von einem Mangel betroffen sein. Etwa ein Drittel des Körperbestandes an Eisen sind im Hämoglobin gebunden und ein weiterer Fünftel befindet sich in den Eisenspeichern (Ferritin).
Vitamin C
Vitamin C ist ein gut bekanntes und erforschtes Vitamin mit zahlreichen Funktionen im Körper. So trägt es unter anderem zu einer normalen Funktion des Immunsystems, zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress und zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei. Im kingnature-Lexikon erfahren Sie mehr zu Vitamin C.
Vitamin D
Vitamin D hat eine Sonderstellung unter den Vitaminen, da es vom Körper mithilfe von Sonnenlicht selbst gebildet werden kann. Es handelt sich nicht um ein Vitamin im eigentlichen Sinne, sondern um ein Hormon. Es ist an einer Reihe von wichtigen Stoffwechselvorgängen beteiligt und trägt z.B. zu einer normalen Funktion des Immunsystems und zum Erhalt normaler Knochen, Muskelfunktionen und Zähnen bei. Ein Mangel an diesem äusserst wichtigen Stoff ist leider in unseren Breitengraden sehr häufig und kann weitläufige Konsequenzen mit sich ziehen.
Vitamin E
Der Begriff Vitamin E steht für eine ganze Gruppe von ähnlichen Verbindungen, sogenannte Tocopherole. Diese besitzen eine antioxidative Wirkung (Entschärfung freier Radikale; aggressiver Sauerstoffverbindungen). Vitamin E entfaltet diese Wirkung auch auf beziehungsweise in der Haut und wird deshalb gerne in den Kosmetikprodukten eingesetzt. Es schützt jedoch auch die Inhaltsstoffe in solchen Produkten vor Verderb durch den Kontakt mit Sauerstoff. Aus gleichem Grund wird Vitamin E auch Lebensmitteln oder Nahrungsergänzungsmitteln zugesetzt.
Warnhinweise
Bei gewissen Nährstoffen benötigt es neu einen Warnhinweis, wie z.B. beim Magnesium, bei dem es ab einer Dosierung von 250 mg den Hinweis braucht, dass es abführend wirken kann.